04. - 05. December 2015
Venue: Rosensäle der Friedrich-Schiller-Universität, Fürstengraben 27, Jena
gefördert durch die Gerda Henkel Stiftung
Mehrere internationale Konferenzen in den letzten zwei Jahren machen deutlich, dass die Desiderate in der Geschichte der Waffen-SS – insbesondere in Bezug auf den Krieg im Osten – mitnichten alle erforscht sind. Im Gegenteil: 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges steht angesichts immer neuer Konflikte in Ost- und Südosteuropa eine Dringlichkeit im Raum, die Erforschung der Waffen- SS gerade in diesen Regionen voranzutreiben. Bei der Konferenz in Jena am 4. und 5. Dezember 2015 werden kulturgeschichtliche Aspekte im Vordergrund stehen; bisherige Forschungsergebnisse aus militär-, wirtschafts- und sozialhistorischer Perspektive sollen dabei mit einfließen. In dieser Kulturgeschichte der Kollaboration ost- und südosteuropäischer Staaten mit der Waffen-SS soll sowohl die nationalsozialistische Seite, das Herantreten der deutschen Besatzer an die Bevölkerung vor Ort, als auch die Seite der Beworbenen thematisiert werden.
Wie sahen die nationalsozialistischen Rekrutierungsstrategien für „Fremdvölkische“ in die Waffen-SS aus? Wie wurden die für die SS üblichen Rekrutierungsgrundlagen umgeschrieben und angepasst? Der multiethnische Kessel, den Südost-/Osteuropa bildet, bot für solch neue Rekrutierungsmethoden eine ideale „Spielwiese“ für die SS-Werber. Durch mangelnde Kenntnis der zu bewerbenden Gebiete stellten sich den Vertretern der SS allerdings in vielen Belangen Probleme: Wie zum Beispiel sollten sie mit der religiösen Diversität in diesem Raum umgehen? So etwa suchte die SS die Nähe zum Islam, um Muslime zu rekrutieren, konnte aber in anderen Bereichen nicht auf Orthodoxe und Katholiken verzichten.
Auf Seiten der Rekrutierten spielte aber oft die Religionszugehörigkeit bzw. die Zugehörigkeit zu einer Ethnie eine zentrale Rolle. Wie wichtig war diese Zugehörigkeit zum orthodoxen, katholischen oder muslimischen Glauben vor dem Krieg und wie veränderte sich ihr Stellenwert im Kriegsalltag? Welche Motivation lag der Entscheidung, in den Reihen der Waffen-SS zu dienen, zugrunde? Oder wurden die zukünftigen Söldner unter Zwang rekrutiert? Wurden diese „Fremdvölkischen“, nachdem sie ihren Blutzoll an der Seite der Deutschen geleistet hatten, in die „pangermanische“ Elite aufgenommen oder blieben sie weiterhin „Kanonenfutter“?
Wesentlich scheint die Tatsache, dass nebst „fremdvölkischen“ SS-Einheiten auch Auxiliarverbände, so genannte „nationale Banden“, in der Partisanenbekämpfung, bei der Umsetzung des Holocaust aber auch bei der Eskalation bereits vorhandener interethnischer Konflikte eine Rolle spielten. Ein letzter Teil soll der Aufarbeitung der Nachkriegszeit in den sozialistischen Staaten Südost- und Osteuropas gewidmet werden und Schicksale ehemaliger „fremdvölkischer“ SS-Angehöriger beleuchten.
Konferenzsprachen: Deutsch und Englisch (ohne Übersetzung)